Urteil Nr. 1518 - Vorsitzender Spruchausschuss

26.11.2023
Finanziell: Nein
Antragsverfahren // PTTV-Präsidenten





In dem Antragsverfahren der Trainerin X. (Antragstellerin) gegen den Präsidenten des Pfälzischen Tischtennis-Verbands e.V., Heiner Kronemeyer wegen des Vorwurfs verbandsschädigenden Verhaltens, hat der Spruchausschuss ohne mündliche Verhandlung am 13.11.2023 folgende Entscheidung getroffen:


1. Es wird festgestellt, dass seitens der Antragstellerin kein verbandsschädigendes Verhalten vorliegt.

2. Im Übrigen wird der Antrag zurück gewiesen.

3. Die Kosten tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.



T a t b e s t a n d



Die Antragstellerin (Ast.) ist eine professionelle Tischtennistrainerin und trainiert aufgrund einer seit Jahren bestehenden vertraglichen Vereinbarung, welche nicht in schriftlicher Form vorliegt, diverse vom PTTV als förderungswürdig eingestufte Nachwuchsgruppen.

Die Ast. bot für den 28.08. bis 01.09.2023 einen Lehrgang an, zu dem sich auch acht dem PTTV angehörende Jungen und Mädchen angemeldet. Zur gleichen Zeit war ein Lehrgang des PTTV geplant, der entsprechend im veröffentlichten Rahmenterminplan terminiert war.

Mit Email vom 10.07. beanstandete der Ag. die Terminierung und erinnerte an die vertragliche Verbindung. Er stellte die weitere Zusammenarbeit in Frage und bat um schriftliche Rückmeldung. Diese erfolgte seitens der Ast. ebenfalls per Email am 13.07. Sie verwies auf ihre Stellung als freiberufliche Trainerin und dass sie keinerlei Weisung unterworfen sei. Sie bot ein persönliches Gespräch an. Der Ag. schlug diverse Besprechungstermine vor. Letztlich war ein Gespräch nicht zu Stande gekommen. Im Email vom 19.07. bestätigte der Ag., dass die Ast. in ihrer Lehrgangsplanung frei sei, jedoch nur außerhalb der Maßnahmen des PTTV. Für den Fall der Durchführung des Lehrgangs, läge verbandsschädigendes Verhalten vor, was eine Zusammenarbeit zwischen ihr und dem PTTV unmöglich mache.

Mit Email vom 26.07. wandte sich die Ast. an den Spruchausschuss. Die Protestgebühr ging am 27.07. auf dem Verbandskonto ein.

Die Ast. ist der Auffassung, dass es keine Rechtsgrundlage gebe, der zufolge der Ag. ihr vorgeben könne, wann sie ihre Lehrgänge veranstalte. Ferner habe es im konkreten Fall nur eine Überschneidung hinsichtlich einer Person gegeben. Der Vertrag zwischen ihr und dem PTTV sei bereits vor etlichen Jahren mit dem Amtsvorgänger des Ag.s ausschließlich mündlich geschlossen worden. Auch daraus ergebe sich keine Weisungskompetenz des Ag.s. Schließlich ergebe sich aus G. 1 des Förder- und Nominierungskonzepts, dass der Vertrag sich jährlich verlängere und erst wieder zum 01.07.2024 gekündigt werden könne. Aus diesem Konzept ergebe sich auch, dass die Nominierungen von den erzielten Ergebnissen abhänge. Auf eine Teilnahme an bestimmten Lehrgängen komme es gerade nicht an.

Der Vorwurf des verbandsschädigenden Verhaltens schade massiv ihrer Reputation als freiberuflicher Trainerin. Ferner sei für sie nicht nachvollziehbar, dass ein zusätzliches Lehrgangsangebot, welches von ihr verantwortet werde, dem PTTV schaden könne.

Die Ast. beantragt festzustellen, dass von Seite der Ast. aus kein verbandsschädigendes Verhalten vorliege und die mittelbare Beendigung des Vertrags zwischen der Ast. und dem PTTV unwirksam sei.

Der Ag. Beantragt die Anträge abzuweisen.

Er bestreitet die Anrufungsberechtigung der Ast., weil sie lediglich als Dienstleisterin anzusehen sei.

Bis zum Beginn des Verfahrens sei der Vertrag seitens des Ag.s nicht beendet worden. Gegenüber der Ast. sei auch kein Verbot ausgesprochen worden. Sie sei nur um Verlegung ihres Lehrgangs gebeten worden. Weder in diesem Fall, noch in der Vergangenheit seien der Ast. Vorschriften erteilt worden.

Verbandsschädigendes Verhalten liege vor, weil Kadermitglieder von der Ast. angesprochen und eingeladen worden, worauf diese in eine Konfliktsituation geraten seien und teilweise auch die Teilnahme am PTTV-Lehrgang abgesagt hätten. Die PTTV-Lehrgänge verfolgen auch den Zweck der Talentsichtung, weshalb es aus Sicht des Verbandes nötig sei, mit den Kadermitgliedern arbeiten zu können.



E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e



Der Antrag ist hinsichtlich Ziffer 1 statthaft und auch i.ü. zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus § 1, Nr. 2 RechtsO. Während § 1, Nr. 3 RechtsO als Rechtsbehelf ausscheidet, weil die Rechtsbeziehung der Parteien gerade nicht durch die Satzung bestimmt wird und somit auch kein Satzungsverstoß die Grundlage bilden kann, verlangt § 1, Nr. 2 RechtsO das Vorliegen einer Entscheidung eines Verbandsorgans. Der Ag. ist als gesetzlicher Vertreter des PTTV ein Verbandsorgan, der hier auch eine Entscheidung getroffen hat. Diese ist in seiner Beurteilung zu sehen, die Durchführung des geplanten Lehrgangs der Ast. sei verbandsschädigend. Die ordentlichen Gerichte haben der Sportgerichtsbarkeit immer wieder aufgegeben, grundsätzlich nicht streng formalistisch, sondern weit auslegend zu entscheiden. Linguistisch bedeutet entscheiden „sich eindeutig festlegen“, „Position beziehen“. Dies ist mit der Äußerung eindeutig geschehen. Juristisch ist eine Entscheidung eine Wertung oder Beurteilung eines Verhaltens oder einer Tat, die eine bestimmte rechtliche Konsequenz nach sich ziehen kann. Auch in diesem Sinn ist die angegriffene Äußerung als Entscheidung zu qualifizieren, die dann auch justitiabel sein muss.

Die Ast. erfüllt auch die in § 7 RechtsO genannte Voraussetzung. Danach ist der Verbands -Rechtsweg nicht nur den Mitarbeitern, Mitgliedern und Verbandsangehörigen vorbehalten, sondern auch sonstigen im Auftrag des PTTV handelnden Personen. Dies ist hier zweifellos zu bejahen. Das Rechtsverhältnis der Ast. geht zweifellos tiefer als das eines Paketzustellers oder Pizzaboten, der nur bei Gelegenheit eine singuläre Dienstleistung erbringt. Zwischen den Parteien bestand ein Dienstvertrag und damit ein Dauerschuldverhältnis. Wenngleich die Ast. nicht den Status einer Verbandstrainerin hatte, war sie den-noch als Ausbilderin der von dem entsprechenden Gremium des Verbandes ausgesuchten Nachwuchsspieler tätig. In dieser Funktion hat sie ihre Tätigkeit eigenverantwortlich wahrgenommen und den Schützlingen auch Weisungen erteilt. Für die Lehrgangsteilnehmer war nicht ersichtlich, dass sich der Status der Ast. in rechtlicher Hinsicht von dem eines Verbandsmitarbeiters unterscheidet. Die Tätigkeit der Ast. war damit zweifellos eine solche, die im Auftrag des Verbandes erfolgte und von hinreichender Dauer und Intensität.

Auch die in § 8 RechtsO genannte Voraussetzung liegt vor. Der Vorwurf des verbandsschädigenden Verhaltens wiegt schwer und schadet der Reputation, insbesondere dem einer professionellen Trainerin.

Der Rechtsbehelf wurde bereits eine Woche nach der angegriffenen Äußerung eingelegt und die Protestgebühr einen weiteren Tag später angewiesen. Damit wurde auch den Vorschriften des § 9, Ziffer 2, § 11, Abs. 1 und 2 RechtsO und A 2.9 KostenO Genüge getan.

Anders verhält es sich mit dem Antrag Ziffer 2. Dieser ist unzulässig. Er scheitert bereits daran, dass er nicht als statthaft eingestuft werden kann. Hier liegt gerade keine Entscheidung des Ag.s vor, die angreifbar wäre. Ferner mangelt es hier an einem Rechtsschutzbedürfnis (§ 8 RechtsO). Der Vertrag wurde durch den Ag. weder gekündigt, noch die Gültigkeit bestritten. Die mehr als vage Andeutung zu wertende Meinung, die Zusammenarbeit auf den Prüfstand stellen zu wollen, kann keine Verlautbarung sein, welche die Ast. in ihren Rechten verletzt.

Der Antrag Ziffer 1 ist auch begründet. Die Ausrichtung eines zeitgleich mit einer Fördermaßnahme des Verbandes stattfindenden Lehrgangs ist per se nicht verbandsschädigend, was auch seitens des Ag.s nicht in Abrede gestellt wird. Der Spruchausschuss stimmt der Ast. zu, dass die Möglichkeit an qualifizierten Lehrgängen teilzunehmen – die Qualifikation und Kompetenz war vom Ag. ausdrücklich bestätigt worden – dem Verband vielmehr nützt, weil damit sich den ambitionierten Verbandsangehörigen mehr Möglichkeiten bieten, sich zu verbessern. Lehrgänge an sich fördern vielmehr die Erfüllung des in der Satzung des Verbandes normierten Zwecks der Sportförderung (§ 2, Abs. 2 und 3). Anders, insbesondere als verbandsschädigend, wären solche Lehrgänge dann einzustufen, wenn sie mit der Absicht organisiert würden und auch dazu geeignet wären, die Förderung der Verbandsangehörigen, insbesondere des Nachwuchses, zu sabotieren. Diesbezüglich wurde seitens des Ag.s indessen nichts vorgetragen. Weder erhalten die dortigen Teilnehmer ein „toxisches“ Training, noch werde versucht Spieler, v.a. herausragende Talente zu Gunsten bestimmter Vereine oder sogar anderer Verbände abzuwerben. Es ist auch nicht erkennbar, dass mit dem Lehrgang versucht worden wäre, den Lehrgang des Verbandes „auszutrocknen“. Die Einlassung des Ag.s Kadermitglieder seien von der Ast. proaktiv eingeladen worden, worauf diese dem Verband abgesagt hätten, ist nicht ausreichend substantiiert. Hier wurde weder die Anzahl, noch die Namen der Spieler genannt. Es trifft auch nicht zu, dass die für die Jugendarbeit verantwortlichen Mitarbeiter des Verbandes durch den Lehrgang beeinträchtigt wären, die sportliche Entwicklung ihrer Schützlinge zu beobachten und zu kontrollieren. Einerseits wäre dies eine völlige Überschätzung einer einzelnen Lehrgangsmaßnahme und andererseits kann dies hinreichend bei den Turnieren und Wettkämpfen erfolgen. Allein das Angebot eines Lehrgangs, dessen Teilnahme freigestellt wurde und zu dessen Anmeldung niemand genötigt wurde, kann dem Verband keinen Schaden zufügen. Auch unterstellt der Ag. gerade nicht, dass die Ast. ihren Lehrgang mit der Motivation den Verband zu schädigen, organisiert hätte.

Verbandsschädigendes Verhalten ist das Ergebnis eines Verstoßes gegen die Loyalitätspflicht. Diese ist zwar weder in der Satzung, welche für die Ast. ohnehin nicht gilt, noch in dem die Parteien verbindenden Vertrag normiert. Sie ist vielmehr Ausfluss des unser Rechtssystem in § 242 BGB normierten Grundsatzes und gilt nach ständiger Rechtsprechung im Vereinsrecht ebenso wie im Vertragsrecht. Allerdings reicht diese Pflicht im Vereinsrecht weiter als im Vertragsrecht, wo die Interessen beider Parteien sich gleichberechtigt gegenüberstehen. Im Vereinsrecht sind die Mitglieder zu einer besonderen Förderung der Vereinsziele verpflichtet. Allein schon vor diesem Hintergrund kann der Ast. kein Vorwurf gemacht werden, weil die Beachtung ihres beruflichen Fort- und Einkommens nicht minder beachtenswert sind, als die Ziele des Verbandes. Eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann nicht erkannt werden, nachdem Nebenabreden und Einschränkungen in der Art eines „Wettbewerbsverbots“ nicht getroffen wurden, so dass der Sachverhalt allein nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen ist.


Aufgrund der festgestellten Unzulässigkeit des Antrags Ziffer 2 (s.o.) erübrigen sich weitere Ausführungen zu seiner Begründetheit. Hilfsweise und vorsorglich weist der Spruchausschuss daraufhin, dass der Antrag auch unbegründet ist.

Die Bezugnahme auf das Förderkonzept des PTTV geht fehl, weil es eben bloß ein Konzept darstellt, also einen Plan ohne jegliche rechtliche Verbindlichkeit. Daraus kann allenfalls eine Selbstverpflichtung des Verbandes abgeleitet werden, auf die sich Dritte nicht berufen können. Anders zu beurteilen wäre dies nur, wenn der Vertrag nachweislich Bezug auf das Konzept nehmen würde und sich danach vertraglich bindende Zusagen ergeben würden. Derartiges wurde aber nicht dargelegt und noch weniger nachgewiesen.
Vor allem aber kann sich aus Ordnungen des Verbandes, an welche die Ast. ja gar nicht gebunden ist, Verpflichtungen ergeben, welche gesetzliche Vorschriften aushebeln würden. Zu beachten sind hier nämlich § 611, bzw. §§ 620, Abs. 1 und 2, 621 BGB. Da eine vorgegebene Laufzeit des Vertrags nicht vereinbart worden war - zumindest hat dies keine der Parteien behauptet - ist der Vertrag von jeder Partei jederzeit im Rahmen des § 621 BGB kündbar.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 36, Abs. 2 RechtsO.




H a r z - H u b r i c h - R e i s s e n w e b e r





R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G



Gegen dieses Urteil ist eine Berufung statthaft.

Diese ist innerhalb drei Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit dem nächsten Montag, der auf die Veröffentlichung im Internet (www.pttv.de) folgt. Für die Berechnung des Fristendes ist der Zugang der Berufungseinlegungsschrift bei der Rechtsausschuss-Vorsitzenden maßgebend. Die Berufung ist in vierfacher Ausfertigung an den PTTV-Rechtsausschuss, zu Händen von Herrn Patrick Königsamen, Patrick Königsamen, Ahornstraße 12, 76846 Hauenstein, zu richten.

Innerhalb der oben genannten Frist muss eine Gebühr in Höhe von 50 Euro auf das Verbandskonto eingezahlt werden (Bankverbindung: IBAN: DE28 5462 0093 6600 1550 06 bei der HypoVereinsbank).

Als fristwahrend gilt das Datum der Einzahlungsquittung.

Verbandsmitarbeiter sind von der Gebührenpflicht befreit, sofern sie als PTTV-Organ betroffen sind.

Jürgen Harz
Vorsitzender Spruchausschuss
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